Es ist schon wieder Sonntag. Als meine müden Augen zum Wecker schauen, kann ich die Digitalanzeige unserer Alexa mal wieder kaum erkennen. Es dauert einen Moment, bis sich meine Augen scharf stellen. 5:55 Uhr. Ist das schön! Da kannst du ja noch eine ganze Weile schlafen, dachte ich erfreut. Ich schaue herüber zu meinem Lieblingsmenschen. Das Gesicht halb im Kissen vergraben, den Mund leicht geöffnet. Ob sie wohl gerade etwas träumt, vielleicht von mir, schmunzle ich innerlich bevor ich es mir wieder bequem mache und sofort erneut einschlafe. 

Mittlerweile hat der Tag bereits begonnen als sich ein kurzer Schmerz in meinem Oberarm zurückmeldet. Die ersehnte Corona-Impfung lässt grüßen. Ich schaue auf meinen Arm, der geschwollen ist. Das hat allerdings nichts mit der Impfung, sondern mit meinen diversen Mückenstichen vom Vortag zu tun. Bei unser Wanderung hatte nicht nur ich unterwegs irgendwann großen Appetit, sondern anscheinend auch etliche kleine Plagegeister. Überall juckte es plötzlich wieder. Überall rote Schwellungen. Widerliche Viecher, dachte ich wütend.

Meine Beine waren schwer, als ich an der Badestelle vom Rad stieg. Wow, das ist aber leer heute, dachte ich erstaunt. Für eine Weile war ich tatsächlich an dem Tag der einzige Schwimmer, während zwei Bademeister nur auf mich aufpassen mussten. So richtig nach Bademeister sehen die auch manchmal nicht aus, dachte ich. Aber das täuscht sicherlich.

Als ich aus dem Wasser stieg, grüßte mich freundlich ein junger Mann. OK, so jung nun auch wieder nicht, aber sehr sportlich auf jeden Fall. Seine grauen Haare stylisch nach hinten gekämmt, machte er sich badebereit und zog sich um. 

„Herrlich leer heute“, bemerkte auch er sofort und wir kamen ins Gespräch. Er sei gerade 50 geworden – und das erste Mal in seinem Leben ohnmächtig, gleich morgens nach dem Aufstehen. Aber wieder alles gut, meinte er lächelnd. „Haben sie es untersuchen lassen?“, fragte ich interessiert. „Nein, war ja auch nur einmal und eigentlich bin ich ja fit und lebe auch gesund, das war sicherlich eine Ausnahme“, erwiderte er. „Einmal zum Durchchecken kann aber nicht schaden“, versuchte ich ihn fast zu überreden. „Hm, ja, Sie haben ja nicht unrecht, das werde ich doch lieber machen. Danke für den Hinweis“, lächelte er und ich hatte das Gefühl, dass er es auch so meinte und tatsächlich einen Arzt aufsuchen würde. 

Auf der Bank sitzend, oder eher fast liegend, holte ich meine Thermoskanne heraus, schenkte mir einen Tee ein und aß mein „kleines Frühstückchen“. Ist das wieder herrlich, unbezahlbar dieser Ausblick.

Neben mir stieg ein Pärchen vom Rad, begrüßte mich freundlich und machte es sich auf der Bank oder Liege, wie auch immer man das auch nennen soll, gemütlich. Ich schaute leicht zur Seite und sah, wie beide ein iPad auf dem Schoß hatten und sich leise unterhielten. Sie trug moderne, eher zum Fahrradfahren ungeeignete, hochhackige, schwarze Schuhe, während er eher zweckmäßige, offene Wanderschuhe anhatte. 

Momentaufnahmen

Links neben mir war eine Familie mit ihren beiden Kindern, die eines der Kleinen fotografierte. Im Vordergrund lief eine Möwe mit ihren Plattfüßen immer wieder von rechts nach links und zurück. Noch ein Stück weiter war ebenfalls ein Paar, das sich darüber freute, wie ihre Kleine es ganz alleine auf ein etwa zehn Zentimeter hohes Kunstwerk aus Stein in Form eines Fisches schaffte. „Schau mal, sie ist ganz alleine hier raufgekommen“, verkündete er stolz seiner Partnerin, die das Geschehen zunächst nicht mitbekam. 

Ich schaute auf den Boden um meine Bank herum. Überall lagen Zigarettenstummel, die eine oder andere Corona-Maske und ein Plastikbecher herum. Hinter mir waren etliche Mülleimer aufgestellt. Kein weiter Weg, dachte ich, aber war keineswegs überrascht. 

Es war langsam Zeit, mich auf den Rückweg zu machen. Vorbei an der Fischbude, wo bereits die ersten Fischbrötchen verputzt wurden, schaute ich links und rechts auf die Wiese. Eine junge Frau lag gemütlich auf der Decke und schaute interessiert in ein Buch. Auf der anderen Seite tobte ein Mann mit seinem Hund. 

Ein Stück weiter stand ein älteres Ehepaar, Hand in Hand und unterhielt sich, auf einige Entfernung, mit einem grauhaarigen Herren. 

Ich fuhr mit meinem Fahrrad und schaute erneut auf meine Mückenstiche, die wieder anfingen zu jucken. 

Während ich eine Dame am Gehwagen, eine Frau mit Nordic Walking Stöcken und einem ambitionierten Jogger überholte, schaute ich erfreut zu den vielen bunten Blumen an den Seiten an, die an mir vorbeizogen. 

Auf dem Boden lagen eine Menge Blätter, die kurz den Gedanken vom Herbst in mir aufkommen ließen. Den verdrängte ich schnell wieder und hörte dann den Klang von Glocken. Ein wohliges Gefühl breitete sich in mir aus während zur selben Zeit die Sonne meinen Nacken wärmte. Was für ein herrlicher Tag, dachte ich erfreut. 

Nach kurzer Zeit war ich am Ziel, trug mein Fahrrad in den Keller, spürte dabei erneut meinen unteren Rücken, der mich daran erinnerte, endlich wieder mehr Sport zu machen. Recht hat er, dachte ich und massierte mir im Gehen den Nacken, der ebenfalls schmerzte. 

Als ich die Wohnungstür hinter mir zuzog schaute ich auf mein Handy und las mir die Nachricht vom Vortag von meinem Freund Paul und seiner lieben Frau Moni erneut durch. Beide waren begeistert von meiner neuen Seite und insbesondere von meinen Blogbeiträgen. Da beide vom Fach sind, freute ich mich bereits das zweite Mal beim Lesen. 

Dann dachte ich an die eben erlebten Momente. Ich hatte eine Menge Leute beobachtet, mich, wenn auch nur kurz, mit ihnen unterhalten. 

Wahrscheinlich werde ich keinen von Ihnen jemals wiedersehen. Jeder lebt sein Leben und doch sind wir irgendwie alle miteinander verbunden. 

Irgendwie ein schöner Gedanke, oder?